Tag Archives: polen
Kurzmitteilung

Angekommen

16 Nov

Vielleicht bin ich echt angekommen. Polen ist manchmal schon wieder so weit weg. Und dann laufe ich an Baustellen vorbei und höre polnischen Bauarbeitern zu, bleibe hin und wieder stehen und frage, woher sie kommen. Das sind dann meist kleinere Orte, die ich noch nie gehört habe. Dann erinnere ich mich daran, dass es so viel gibt, was ich noch entdecken möchte in Polen.
Aber jetzt bin ich erstmal hier, Deutschland. Kartoffelsalat, Unialltag. Doch darum soll es nicht gehen hier.
Damit ist dieser Blog wohl am Ende. Es geht weiter, sicher. Der nächste Blog ist noch im Anfangsstadium, aber schaut doch mal vorbei in nächster Zeit!

http://schnappkuss.wordpress.com/

Eiskratzen

21 Jan

Wann zieht er endlich wieder ab, dieser frostige Winter, der eiskalt nie zu enden scheint? Eigentlich habe ich mit ihm seit Ende September gerechnet, er kam nicht und jetzt will er scheinbar nicht verschwinden. Wie sich Glück in Form von prickelnden Sonnenstrahlen auf Sommergesichtern anfühlt, kann ich im Moment nur mit enormer Vorstellungskraft nachempfinden. Falls mich jetzt also jemand fragen sollte, was ich hier vermisse, ist die Antwort eiswürfelklar: Sonne.
Aber ich bin ganz zuversichtlich, das wird schon wieder.

Wäre ja schön blöd, wenn ich meine neuen Winterschuhe gar nicht voll auskosten könnte.
Ha, das war ein Geniestreich von Schuhladen, der mich noch mehr polonisierte. Ist euch schon mal aufgefallen, was für einen Bodenbelag Schuhgeschäfte haben? Die ehrlichen, realitätsnahen sind jedenfalls nicht mit Teppich ausgelegt! Zielsicher wählte ich natürlich die trügerische Teppichvariante und griff zu einem paar Ledertretern, fast flach, ohne nennenswerten Absatz. Kaum betrat ich polnisches Wackelpflaster, klackerte ich drauf los. Stolziere ich jetzt also durch die Gegend, schaut man sich nach einer behighheelten Dame um und entdeckt dann doch nur mich mit unscheinbaren Klackerschuhen und einer Funktionsjacke, die wiederum deutscher nicht sein könnte.

Eiskalt, das sind wir Deutschen.
Das ist das, was bei unseren ersten Bewerbern für unser eigens kreiertes „Youth in Action“-Projekt der Konsens ist. Vielleicht muss ich das erklären.
Olga und ich basteln gerade an der Bewerbung für die EU-Förderung für unser „New Perspective“-Projekt, das im Juni stattfindet. Wenn alle erdenklichen Daumen gedrückt bleiben, alle fingers crossed und wir die finanzielle Förderung erhalten. Bei diesem einwöchigem Workshop mit Teilnehmern aus Deutschland, Polen und der Ukraine wird es einerseits um Slowmotion-Filme gehen, die wir zusammen mit einem wunderbaren Fotographen als Trainer erstellen. Thematisch dreht sich die Woche um Stereotypen und Vorurteile – ein Königsdisziplinsthema in diesem Hause!
Wir können Stunden mit einer Entdeckungsreise in die Vorbehalte gegenüber der anderen Kultur verbringen. Diesen Spaß und das, was man bei diesem Austausch alles lernen kann, möchten wir gerne mit anderen teilen, festhalten und eine neue Perspektive auf seine eigene Kultur und die der anders eingeschätzten Nationen.
Da wir schon jetzt die polnischen Teilnehmer rekrutieren müssen, kommen hier schon einige Bewerbungen eingetrudelt. Eine Frage betrifft die Vorurteile gegenüber Deutschland und der Ukraine.

Top 5 der genannten Vorurteile (gemischte Tüte mit Ukraine)

1. Deutsche sind kalt und können ihre Emotionen nicht zeigen.
2. Ukrainer trinken sehr sehr sehr viel Alkohol.
3. Ukrainer sind aggressiv.
4. Der Deutsche: Organisiert, diszipliniert und süchtig nach Ordnung.
5. Geil, deutsche Autobahnen, geile Autos!

Hachja, nett. Gerne foppen wir uns jetzt damit. Die Stereotypen sind zwar alle nicht neu, aber sie erweitern unsere gehässigen Kommentare im Alltagsgebrauch. Es muss ja nicht immer nur um Putzfrauen, Prostitution, Nazis und Wurst gehen.
Oh Himmel, das hört sich ja furchtbar fies an! So ist es nicht. Unser Verständnis von Sarkasmus dreht sich auf der gleichen Tanzfläche und unsere bissigen Sticheleien gegen unsere Nationen richten sich nie gegeneinander.
Als Teilnehmerin des trilateralen ASF-Programms komme ich nicht so schnell in Versuchung, Eigenarten von eigensinnigen Individuen mit seiner andersartigen Kultur erklären zu wollen. Komische Leute treffe ich überall. Ebenso wie interessante, spannende, – ach, tolle Leute.

Manchmal gibt es dann aber doch Situationen, in denen ich Olga fragen muss, ob das denn jetzt „Eastern Europe style“ ist. Glücklicherweise hat sie bei folgendem Beispiel energisch den Kopf geschüttelt. „No! Not normal!“.

Es ist Freitagabend, Tanzlust und bürointensive Woche treiben uns ins pulsierende Nachtleben Wroclaws. In der Kneipe, die uns diesen Abend beherbergen soll, sitzen wir an einem Tisch, der eigentlich reserviert ist für irgendeine internationale Gruppe. Aus dieser Gruppe kennen sich auch nicht alle und so wird angenommen, die beiden netten Mädels auf der Couch da gehören dazu. Dankbar nehmen wir spendierte Getränke entgegen, ein netter Abend.
Dass ein polnischer Typ weder an meinem englischen noch an meinem polnischen Akzent erkennen kann, woher ich komme, macht mich seltsam stolz. Auf keinen Fall käme ich aus dem Westen – Franzosen und Deutsche und so, die haben so prägnante Aussprachen – Anna nicht, auf keinen Fall. Optisch auch nicht, nee. Einer der baltischen Länder, das wird es sein. Oder Skandinavien, aber dafür ist mein Polnisch wieder zu makellos. Ha!
Wir tauschen Nummern aus, die Gruppe scheint ganz cool zu sein, offen für Neuzugang und engagierte Tequila-Abnehmer.
Ach. Zum Nummernaustauschen. Das geht hier auch deutlich entspannter. In Deutschland habe ich das Gefühl, jemanden nach seiner Nummer zu fragen kommt zu drei Vierteln einer hochoffiziellen Liebeserklärung gleich. Wenigstens überragendes Interesse an der Person. Und hier? Man versteht sich gut, vielleicht sieht man sich nächstes Wochenende, geht zusammen feiern, mal sehen. Mal sehen.
Bei diesem Monsieur endet „Mal sehen“ eines Sonntagabends in Bier und Salat. Das es tatsächlich darin endet, war klar, nachdem er klar war, was ich essen und trinken würde. Klar, er zahlt. Berechtigt ihn das, für mich zu entscheiden? Anscheinend. Erschrocken stelle ich fest, wie einfach es ist. In Studienwahltests komme ich bei den Schlüsselkompetenzen auf grandiose 8% Entscheidungsfreudigkeit. Ist ganz schön entspannt, sich keine Gedanken machen zu müssen. Aber sich so bevormunden zu lassen ist ja schon fast peinlich. Da ich bei einigen Pärchen hier tatsächlich traditionellere Rollenbilder wahrnehme, frage ich Olga lieber, ob meine begrenzte Entscheidungsfreiheit „typisch slawisch“ ist. Nach ihrer Antwort, versüßt mit irritiertem Stirnrunzeln, bin ich erleichtert.

Seminarzeit! Mal wieder Piekary, für die meisten sehr wichtig: Free food!
Abgesehen davon ist es immer nett, die altbekannten liebgewonnenen Gesichter wiederzusehen und zu merken, wie die Gruppe zusammenwächst. Die Abende und Nächte waren wieder überragend, Zitat Ende.
Mein übervoller Bauch (Kartoffel-Gemüse-Auflauf mit irre viel śmietana) hätte gerne eine Verdau-Pause im Liegen. Ich tue ihm den Gefallen und lasse Fotos sprechen.

Gitarrenspaß

Gitarrenspaß

Sitzen und So

Sitzen und So

Kneipenkrakau

Kneipenkrakau

Spontane Weinprobe und Andy-Warhol-Ausstellung in Krakau

Spontane Weinprobe und Andy-Warhol-Ausstellung in Krakau

Ouh, I almost forgot. I some kind of promised to Olga that this time I write something in English. She is so frustrated due to the fact that not all of my words are „Gesundheit“, „Hitler kaputt“ and „Schneller, schneller“ or kitchen vocabularies for perfect German housewives (like me, for sure). These are the words and topics her knowledge of German is limited to.
Well, my dear. Here we are, me and my bad English! So probably you wanna know what I was writing about. Ach, I already told you. All about winter, shoes, our favourite stereotypes and that we like to be mean in the sarcastic way that we uwielbiamy. Coś tam, coś tam. Buziaki, moja kochana.

Was Ania Aniołka so erlebt

9 Dez

Der Poloniesierungsprozess ist in vollem Gange. Wenn ich neue Leute kennenlerne, stelle ich mich jetzt ganz selbstverständlich als „Ania“ vor. Das verwirrt weniger und klingt schöner als „An-na“, was hier sonst aus meinem Namen gemacht wird. Auch die männliche Endung meines polnischen Nachnamens passe ich an, irgendwie ist mir danach. Auch, wenn ich damit wieder Verwirrung stifte: So geringe Polnischkenntnisse bei so einem polnischen Namen?
Ich arbeite ja dran, ab Januar wird im Büro nur noch Polnisch gesprochen, haben wir abgemacht.

Die Woche fing mit der IKEA-Entjunferung Olgas an. In der Ukraine gibt es kein IKEA, auch, wenn es farblich sehr mit der ukrainischen Flagge harmonieren würde. Stattdessen soll es da recht grau sein, aber wir arbeiten dran. Ein Besuch im Sommer ist fest eingeplant!
IKEA in Wroclaw ist eher nicht in Wroclaw, sondern in einem Gewerbegebiet außerhalb der Stadtgrenze. Nach der Arbeit schwingen wir uns also in Bus und Bahn und landen im Nichts an einer Bushaltestelle neben einem Hotel (ich bin ein bisschen erleichtert, falls es also gar nicht mehr weiter geht, müssen wir nicht draußen auf der Straße erfrieren) und einem Badausstattungsgeschäft. Da das Hotel unnötig eingezäunt ist, überqueren wir todesmutig die eisglatte Landstraße und treffen im Badausstattungsgeschäft auf einen sehr hilfsbereiten Badausstattungsfachmann, den wir leider versäumen, nach seiner Nummer zu fragen, wir laufen schnell Gefahr, uns noch einmal zu verlaufen – seine Wegbeschreibung führt uns trotz fehlenden Bürgersteigen über die Landstraße zu IKEA.
Völlig verfroren schmeißen wir uns auf ein Sofa und könnten gut schlafen.
Da ich ein bisschen neidisch auf Olgas Topfpflanze, die wir Pan Marcepan taufen, bin, erstehe ich einen palmenartigen Bartek. Jetzt steht Bartek auf meinem Tisch vor der Pinnwand, strahlt und genießt seinen Winterurlaub.

Święty Mikołaj, Nikolaus, rückt näher und damit die Vorbereitung für das Konzert von Helen Kim und ihrer schwedischen Crew in unserem Salon. Unsere Koordinatorin Monika hatte sie nach einer Theateraufführung, bei der Helen ein Stück gesungen hatte, angesprochen, ob sie nicht Lust hätte, ein Konzert im Edith-Stein-Haus zu geben. Sie hatte, und wie! Es würde das erste Mal sein, dass sie vor einem Publikum singt, das nur für sie kommt.
Das will ich kaum glauben, als ich sie bei den Proben höre. Sicher, da sind viele Fehler, aber diese ungeschliffene Rohdiamantenstimme macht mir Gänsehaut.
Beim Konzert am Nikolausabend ist der Salon voll mit jung, hauptsächlich internationale Medizinstudenten – Helen ist halb Polin, halb Koreanerin, in Schweden aufgewachsen und Medizinstudentin. Ein Publikum hier, das größtenteils aus Leuten unter 50 besteht, habe ich in meiner Zeit im Edith-Stein-Haus noch nicht erlebt – es tut gut.
Helens „Sinnerman“-Cover (Nina Simone) folgt mir, als dauerhafter Ohrwurm und aktuelles Lieblingslied.
Der Abend endet im Schnee.
Mit Rafal aus dem Vorstand des ESH, seinem Cousin, Monika, Olga und Glühwein sitze ich noch ein paar Stunden bei uns in der Küche. Ich bin ein Küchenmensch und ich mag unsere Küche. Aber mit Menschenfüllung (ignoriert die kanibalistische Konnotation einfach) finde ich sie nochmal liebenswerter.
Es hat geschneit, er liegt noch da, der Schnee. Dass aus der Idee, einen bałwan zu bauen, nichts werden würde, war klar, als der erste Schneeball fliegt. Schnee in seiner Reinform ist echt okeeh. Sogar im Gesicht, sogar im Auge.

Was Schnee mit uns macht

Was Schnee mit uns macht

Das war Nikolausabend. Vorher habe ich noch meinen Deutschkurs, den ich immer routinierter geben kann. Anfangs war ich noch seltsam nervös, weil ich manchmal Wörter nicht erklären kann und bei Grammatik selbst unsicher bin. Jede Minute war durchgeplant, damit ich bloß nicht ins Rudern komme. Aber jetzt bereite ich meistens zwei Stunden vor und mixe dann, wie es mir passt. Dieses Mal endet die Stunde mit Rolf Zukowski, ich habe Lust, die Ladies beim Rumwippen und „Lustig, lustig, trallerallera“ zu filmen, genieße den Moment dann aber einfach, wie er kommt.

Das war Nikolausnachmittag. Morgens fahre ich im Dunklen los, bepackt mit einem sperrigen Sack. Als ich ankomme, ist die Sonne gerade aufgegangen, kurz strahlt mir ein Türkeiurlaubssonnenuntergangsorange entgegen, dann fängt es plötzlich an zu schneien. Okay. Wo fahre ich hin und was ist in dem Sack?
Meine liebe Polnischlehrerin hatte mich gefragt, ob ich ihr und dem Nikolaus helfen könnte, in einer Grundschule Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen. Als Engelchen mit weißem Kleidchen, Engelsflügeln und Heiligenschein. Ich sollte eine süße Begleitung für den Nikolaus (für mich ganz klar ein Weihnachtsmann, ich war überrascht, dass trotz überkatholisch da nicht unterschieden wird) sein, auch einer ihrer Polnischschüler. Israel aus Kuba als Weihnachtsmann in Polen, irgendwas daran lässt mich schmunzeln.
In meinen goldenen Ballerinas hüpfe ich vier Stunden durch die Schule, versuche, mein bezauberdstes Lächeln durchzuhalten, da mit jedem Kind, das eine Tüte vom Nikolaus bekommt, ein Foto mit ihm und mir gemacht wird.
Schnell wird mir als „Ania Aniołka“ euphorisch zugewunken.
Bei unseren Klassenbesuchen habe ich einen Lieblingsmoment. Wenn sich diese Kinderaugen weiten, weil wir tatsächlich von weit weg kommen – wir MÜSSEN ja irgendwie echt sein, warum sollten der Weihnachtsmann und sein Engelchen aus Polen kommen und Polnisch sprechen, das macht ja überhaupt keinen Sinn. Aber ausländische Weihnachtsgestalten, die sind authentisch!
Die Situation, bei der ich Zähne, Ohren und Flügel zusammenkneifen muss, spielt sich immer am Ende der Show in der Klasse ab. „Und jetzt dürft ihr den Nikolaus und den Engel alle umarmen!“ Ein Sturm kreischender Kinder zieht auf, klammert sich an meine Beine, Flügel, Arme, das Knäuel drückt mich – mein Lächeln friert ein.
Es ist nicht so, dass ich keine Umarmungen mag. Eigentlich sehr. Aber so was Gekünsteltes?
Dass ich für Berührungsdings mit Kindern nochmal mehr sensibilisiert bin, als es in anderen Kulturen ohne zahlreiche öffentlich gewordenen Missbrauchsfällen üblich ist, merke ich, wenn ich den Weihnachtsmann sehe, wie er sich die Kinder auf den Schoß setzt und knuddelt. Natürlich, da ist in dem Moment eigentlich nichts dabei und ich hoffe, dass jetzt niemand denkt, ich verdächtige den Weihnachtsmann irgendeines perversen Horrors, bloß nicht.
Ich habe nur mein Befremden bemerkt, vielleicht ist mein Polonisierungsprozess einfach noch nicht so weit, dass ich „touchy“ bin. Olga gefällt mein neuer Spitzname und auch, mich mit kreischigen Umarmungen zu überfallen, „Aniuuuuu Aniołka!“ – aber weil ich sie mag, geht das klar.

Ania im Kindergeschenkewirrwar

Ania im Kindergeschenkewirrwar

Das war Nikolaus. Am nächsten Tag waren wir bei Pani Nowak. Ich könnte einen eigenen Eintrag nur über diese drei Stunden da schreiben. Diese Frau beeindruckt mich. Und das, bei dem geringen Anteil den ich verstehe – ihre Gedankensprünge haben Olympiaklasse. Denke ich, wir reden noch über ihre Lieblinspierogi, kommt auf einmal eine völlig zusammenhangslose Ausführung über guten Sex und Frauen mit Orgasmusproblemen. Als ich Olga frage, ob ich das richtig verstanden habe, nickt sie und meint, dass sie auch nach dem Kontext sucht, aber Pani Nowak einfach total „amazing“ ist. Außerdem 84 Jahre alt. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch und hoffe gleichzeitig, dass Pani Nowak ihren Weinvorrat nicht wieder auffüllt. Sie ist unhinterfragt eine Seele von Mensch, aber wenn es um den Konsum von Lebensmitteln geht, die sie uns anbietet, versteht sie keinen Spaß. Da sie prinzipientreu nur in Gesellschaft Alkohol trink, möchte sie unsere Gesellschaft dazu unbedingt auch nutzen. Ein Verweis auf die Uhr, die 10:14 anzeigt, wird gnadenlos ignoriert. Ebenso ergeht es unserer Ignoranz des halbvollen Weinglases gegenüber, die wird einfach nicht akzeptiert. Verzweifelt mache ich mich auf die Suche, nach einer geeigneten Topfpflanze, um den lieblichen (auch das noch..) Wein verschwinden zu lassen. Ich finde nur eine Orchidee und die Idee dann doch nicht so gut.
Verzweiflung, runter damit.

Runter damit.

Runter damit.

Nun, ein bisschen vom Haus: Es ist dunkel, verschneit, aber der Hinterhof. Sommervorfreude auf Grillen und Schattenplatz unter dicker Kastanie.

Dunkel, unscharf, Hinterhof

Dunkel, unscharf, Hinterhof

Bei Hedwig fast erschossen

15 Okt

Heute waren wir richtig gute Touristen, die einen kleinen Tagestrip nach Trzebnica gemacht haben. Ich mit klassisch deutscher Wind-und-Wetter-Jacke, Olga hat fürs Proviant gesorgt – der Ausflug kann beginnen.
So schnell beginnt er dann doch nicht. Erst muss ich meinen unglaublich viel zu frühen Polnischunterricht hinter mich bringen, dann fahre ich zum Bahnhof, kaufe unsere Ticket in einem Polnisch, das die freundliche Dame am Schalter keine Nachfrage auf Englisch stellen lässt und setze mich auf eine Bank in die überraschenderweise immer noch warme Oktobersonne, Musik in den Ohren, und warte auf Olga.
Die Sonne wandert, ich will aus dem Schatten flüchten und Ratsch. Die Rückseite meiner Strumpfhose am Oberschenkel ziert nun ein eiergroßes Loch, ein kleiner Holzsplitter meinen Oberschenkel.
Was bin ich schon assimiliert, dass ich überall, was auch immer auf der Tagesordnung stehen mag, mit kurzem Rock stolziere, wie eine richtige Polin!
Ich übertreibe, in beiden Fällen natürlich. Weder ich, noch „die Polin“ läuft nur im Mini rum.
Was allerdings nicht übertrieben ist, ist, dass Strumpfhose Nummer 2 diesen Tages maximal 2 Stunden gehalten hat, bis ich sie mit dem überaus praktischen Klettverschluss meiner Multi-Turbo-Hyper-Funktionsjacke zerstört habe.

Das Lachen wird dir noch vergehen, die Jacke die Strumpfhose zerstören.

Übertreib mal nicht.

Ein harter Tagesstart, doch die Sonne scheint.
Als wir in Trzebnica ankommen, ist da mmmh… Trzebnica. Wir haben nicht viel erwartet, wollten einfach mal raus aus Wroclaw, ein bisschen die Umgebung erkunden und da haben wir uns für Trzebnica entschieden. Immerhin liegt da die Heilige Hedwig, Święta Jadwiga und das ist die Schutzpatronin Schlesiens!
So schummeln wir also ein bisschen und pilgern nicht zu ihrem Grab, sondern nehmen den Zug.

Das Stadtzentrum besteht aus dem alten Zisterzienserkloster. Heute sind da noch 60 Nonnen, 5 Novizinnenn und ein Altenheim. Das wussten wir allerdings erst, als wir ein „Oh, beautiful! What is it?“- Gebäude betreten hatten, das Gefühl hatten, auf verbotenes Terrain gelangt zu sein, durch einen hübschen Garten gelaufen sind, in die Hedwigskirche rein, in die Krypta, wieder raus, nicht zufriedenstellendes Gespräch mit polnischem Touristen geführt (Er:“Was ist da unten?“ – Ich:“Krypta.“- Er:“Und was ist in der Krypta?“ – Ich:“Irgendwas mit Bartholomäus, weiß ich auch nicht.“ – Er:“Aber Sie waren doch da unten!“ – Ich: denke mir, dann gehen Sie doch selbst gucken, wenn Ihnen mein nichtssagendes Gestammel nicht reicht, verabschiede mich aber nur mit einem freundlichen do widzenia)
und als wir dann draußen vor der Kirche unser Picknick halten, kapieren wir, dank meinem deutschen Reiseführer (Olga musste verständlicherweise ein bisschen lachen und ein „Seriously?“ loswerden, als sie erfuhr, dass das Wort „Führer“ aus dem deutschen Sprachgebrauch nicht verbannt wurde und ein ganz normales Wort ist. „Führerhäuschen“ fand sie am komischsten, glaub ich.), dass das Gebäude eben dieses Zisterzienserkloster ist, wegen dem wir da waren.

Wie die meisten polnischen katholischen Kirchen ist auch diese vollkommen überladen mit Prunk, Protz, Engelchen, gold und Kitsch. Irgendwie kann ich das hier aber gut nehmen, es gefällt mir schon fast. Vielleicht, weil es einfach dazu gehört zu Polen. Wie Pierogi und die Zisch-Laute.
Trotzdem haben wir uns dann noch die andere Kirche in Trzebnica angeguckt, Piotr i Pawel. Da war schon fast ein Durchatmen für die Augen möglich, hell und mit Holzdecke, am Rand ein bisschen altbekannter Kitsch, von außen schöne Backsteine – falls ihr schon mal Trzebnica seid, guckt euch auch diese Kirche an. Wobei ihr, wenn ihr nach Trzebnica kommen solltet, das womöglich nur wegen der lieben Hedwig tut und euch Peter und Paul dann eher weniger interessieren. Trotzdem.

Ich warne euch aber. Wenn ihr das Stadtzentrum verlasst, wird es gefährlich, die Gassen enger, das Pflaster heiß.
Wir halten kurz an vor einer Haustür, ich wurschtel an meiner Jacke rum. Die Tür geht einen Spalt weit auf, ich gucke in einen Pistolenlauf. Das ist mein Ende, denke ich. Wie ihr merkt, konnte ich mich dann doch noch hinter das nächste Haus retten. Als ich mich nochmal umsehe, blicke ich in ein lachendes Jungengesicht – ich erwider ein Lächeln, gequält – ich hab mich wirklich erschreckt.
Auf dem Rückweg stellen Olga und ich fest, dass wir beide den Gedanken „Imagine that situation 60 years ago, without a toy gun…“ hatten und jetzt abschütteln konnten. Manchmal wird man schon ein bisschen paranoid, wenn man sich intensiver mit dieser deutsch-polnischen Geschichte auseinandersetzt. Klar, es ist Geschichte. Aber Geschichte erzählt Geschichten, die weitererzählt werden und erzählt werden müssen.
Und Olga fragt ganz viel und das ist gut und hier ist gerade kein Zusammenhang mehr und das tut mir leid.
Es war ein voller Tag mit vielen Eindrücken und jetzt gibt’s Borschtsch.

Plattenromantik, Käse und ein Alibi

12 Okt

Wow. Jetzt habe ich mich selbst überrascht: Die unwichtigsten Schlagwörter der Woche sind vereint in einer Überschrift.
„Der Woche“ ist falsch. Das mit der Plattenromantik ist schon ein bisschen länger her, aber ich dachte, ich krieg eine Überleitung hin, die irgendwie passt. Also. Hangeln wir uns an den Begriffen entlang!

Plattenromantik

Vor einiger Zeit bekamen Olga und ich Durst. Nicht so, wie ihr das wahrscheinlich wieder von Leuten in Polen erwartet – nein, eher Kulturdurst. So sind wir also furchtbar touristisch zum Touristen Zentrum am Rynek gegangen und haben die freundlichen Verkäufer gefragt, wo es für arme Freiwillige gratis Ausstellungen gibt. Und – ohaaa – fast jedes Museum hier hat wenigstens einen Tag, an dem alle für nichts gucken kommen können.
So machten wir uns auf den beschwerlichen Weg mit der tramwej und kamen eine Stunde vor Zu-mach-Zeit fast verdurstend beim Museum of Contemporary Art Worclaw an. Die Kunst war gut, wirklich – viele Fotografien haben mir echt gut gefallen. Die Installationen konnten sich auch sehen lassen. Und, dass die Museumsmitarbeiter sich auf einigen Etagen eingeschlossen haben, um ungestört ein Nickerchen zu halten – bis ein ukrainisches und ein deutsches Mädchen randalierten, um sich die Ausstellung ansehen zu können, ist auch zu verkraften. Aber! Dieses Musem hat einfach mal kein einziges Fenster! Das hat mich echt fertig gemacht. So viel Kunst, natürlich auch Abgedrehtes, Ekelhaftes (Bild aus Haaren. Beim Badputzen gibt es ja wohl wenig ekeligeres, als Abflusshaare.) – und keine einzige Möglichkeit, zu fliehen, so blicksmäßig.
Sollte da draußen jemand von euch das Geld und die Idee haben, ein Museum zu eröffnen – denkt bitte an die Fenster.
Der Himmel, der uns dann draußen entgegenglühte, versöhnte mich dann wieder. Die Platten vor dem Museumsgebäude erstrahlten in romantischem Rosa – Plattenromantik.

rosa-roter Plattentraum

romantische Platte

Käse

Eine hammerspannende Woche liegt hinter mir. Wobei. Nicht wirklich. Sie klingt noch nach. Die verschiedensten Akzente im Englischen hallen noch in meinen Ohren – Revue passiert.

„I will tell you a story“ ist der Titel eines Workshops, den das Edith-Stein-Haus ausgerichtet hat. Und hätten die Wände des Salons Münder gehabt, sie hätten permanent offen gestanden, bei den Geschichten, die da erzählt wurden.
Je 7 Teilnehmer/innen unter 30 und über 50 aus Slowenien, Bulgarien, Tschechien, der Türkei, Finnland, Spanien, Italien kommen zusammen, um sich mit Künstlern aus London illustrativ Geschichten zu erzählen.

Was ich hier sehr genieße, ist, dass ich hier mit Leuten aus ganz Europa arbeiten und sie kennenlernen kann. So lerne ich vielleicht langsamer Polnisch – dafür aber, was manche Türken über deutsche Integrations – oder Adaptionspolitik denken, wie eine bulgarische Liebesgeschichte in einem Berglift enden kann, wie der Blick aus dem Schlafzimmerfenster einer finnischen jungen Frau aussieht, wie man sich als Sandwichkind mit 7 älteren und 7 jüngeren Geschwistern fühlt und wie man selbst italienischen Mozzarella herstellt.

Das ist nicht einfach nur Käse, das ist Leben, Leidenschaft.
So war dieser Workshop auch nicht einfach nur ein bisschen Skizzieren und Rummatschen, sondern manchmal wie „Einer Großmutter im Ohrensessel mit Tee beim Märchenvorlesen Zuhören“.

Am Liebsten würde ich hier all meine Eindrücke mit euch teilen, aber das geht nicht. Einmal, weil es den vertrauten Rahmen sprengen würde. Die Offenheit, mit der die Leute von manchmal traurigen oder schmerzhaften Erfahrungen erzählt haben, gilt sicher nicht dem Internet, sondern dieses unglaublich aufgeschlossenen und interessierten Zuhörern.
Und außerdem, das wäre auch einfach too much. Die Woche war so voll von toll- tut mir leid für euch, aber das Leben ist nun mal manchmal Käse.

seriously.

Alibi

Am Dienstag wurde ich öffter als sonst gefragt, was ich denn studiere. Und es war deutlich komplizierter zu erklären, dass ich gerade überhaupt nichts studiere, weder in Wroclaw, noch in Deutschland.
Dienstag war ich nämlich das erste Mal bei der Probe des Uni-Chors „Gaudium“ der uniwersytet przerodziny Wroclaw.
Und Mittwoch direkt wieder! Viereinhalb Stunden in der Woche erklingt mein Stimmchen mit ca. 40 anderen in der Aula Jana Pawla II.
Das tut verdammt gut nach stundenlanger Büroarbeit. Außerdem zwingen mich die lieben Leute da zum Polnischstammeln. Es kommt zwar vor, dass ich laut einsetze, wenn nur die panowie, also Tenor und Bass, singen sollen – aber mal ehrlich, den Unterschied zwischen panowie und panie kann man sehr leicht überhören!

Mittwoch nach der Probe ging es dann ins Alibi, ein Studentenclub, in dem nach der Probe oft noch integracja stattfindet. Ja, ich kann mir euren Gedanken „Die Polen haben fürs Saufen aber auch ganz schön viele Begriffe“ vorstellen, aber – ach, denkt doch, was ihr wollt. Ich hab ein Alibi, ich war bim Chor und das ist multiphantastisch!

Der Langsame, der Agressive und der wirklich Nette

1 Okt

Ich will nicht allgemein über polnische Menschen schreiben. Dafür kenne ich sie noch zu wenig. „Der Pole an sich…“ – also bitte, so viel Banalität hau nicht mal ich aus den Tasten.

Diesmal geht es um ein paar polnische Menschen, mit denen ich hier tagtäglich oder auch nur einmalig zu tun habe.
Olga und ich staunen immer wieder, was uns die Leute über Leute erzählen, wie sie sind, ihre abgedrehten Angewohnheiten…
Ein Beispiel veranstaltet eine ganz besonders bunte Parade: Die Portiers.

Im Edith-Stein-Haus gibt es drei Portiers, Nachtwächter, Hausmeister – ihre Aufgabenbereiche sind zahlreich, umso wichtiger ist ihre Anwesenheit.
Schon am ersten Tag im neuen Zuhause wurde uns von „dem Langsamen, dem Aggressiven und dem wirklich Netten“ Portiers erzählt und ein kleines Horrorszenario in unsere Phantasie gepflanzt.
Vielleicht muss man noch wissen: Es gibt keinen Haustürschlüssel.
Also doch, aber der ist ca. 15cm lang und baumelt am dicken Portiers-Schlüsselbund.
Nun, was heißt das für müde Mädchen mit schmerzenden Füßen in einer kalten polnischen Nacht, die sich nichts sehnlicher wünschen als ein Bett und ein bisschen Wärme?
Warten. Klingeln und Warten. Warten und Klingeln. Das Gefühl irgnorieren, gerade einen älteren, selig schlummernden Mann aus seinen Träumen zu reißen. Und dann hoffen, dass die Laune des jeweiligen Portiers nicht die allerschrecklichste ist.

Keiner der drei ist schrecklich, auch nicht die Launen. Es kommt vor, dass Olga von einem Ausflug zum Portier mit den Worten „Pan Edmund is so adorable, I don’t know what their problem is…“ zurückkommt oder, dass ich ihr mit „Pan Anton is so cuuuuute“ entgegen rausche.

Der Langsame.
Es stimmt schon, Pan Anton braucht für die Wege durchs Haus etwas länger. Aber die Zeit, die vergeht, wenn ich versuche, einen polnischen Satz zu konstruieren, damit er mich versteht, passt ganz gut zu seinem Tempo.
Ich glaube, bei seltsamen Psychotests in Mädchenmagazinen würde rauskommen, dass Pan Anton „Der gesellige Typ“ ist. Wenn er Dienst hat und sich im Garten oder in der Küche aufhält, ist klar, dass es nicht lange dauert, dass er den Kopf zur Tür rein oder raus steckt.
Das ist der berühmte Augenblick. Der Moment macht mir gute Laune. Vielleicht, weil ich weiß, dass Pan Anton seiner Frage immer treu bleiben wird. Es gibt noch Dinge, die bleiben bestehen in dieser Welt.
Und das ist die Frage, die unabhängig von Tageszeit und Tagesform aus Pan Antons beschnäuztem Mund erklingt.
Ob ich schon ein piwo getrunken hätte.
Besonders zum Frühstück finde ich die Frage echt erfrischend, da werd ich dann direkt wacher – Uwaga, Anna, Konzentration, nicht lachen.
Ich glaube nicht mal, dass die Frage ernst gemeint ist. Pan Anton hat wahrscheinlich einfach die Erfahrung gemacht, dass Ausländer zumindest das Wort „piwo“ schon mal gehört, gesagt und recht wahrscheinlich getrunken haben. Hmm, Wörter trinken – eine hübsche Idee.
Wir beide brauchen aber gar keine Wörter mehr, um die Piwo-Frage zu klären. Durch das Fenster zur Eingangshalle hat Pan Anton mich letztens mit einer klopfenden Handbewegung an den Hals („Betrunken“) und einem fragenden Blick begrüßt.
Es war kurz nach 10, morgens, ich kam vom Polnischkurs. Auch, wenn ich hier in Polen bin, musste ich auf die wortlose Piwo-Frage mit einem entschuldigenden Schulterzucken antworten. Tatsächlich, auch hier trinkt man morgens Kaffee.

Der Aggressive.
Was an Pan Edmund so angsteinflößend aggressiv sein soll, kann ich mir nur schwer vorstellen. Er sei unglaublich ungeduldig und wenn man mal was nicht auf Anhieb verstehe, würde er plötzlich komplett ausrasten, laut werden, rot anlaufen.
So muss ich mich also eines Tages zu seinem Büro schleichen, eingeschüchtert, verängstigt – was für ein Monster erwartet mich jetzt?
Ich brauche den Schlüssel zum Salon, den muss ich ausmessen.
„Przepraszam, Pan? Potrzebuje ääähm…. klucz Salonu? Salonem? Nie wiem forma, czy Pan rozumie?“
In seinem Gesicht breitet sich ein dickes Grinsen aus und er lobt mich, klopft mir auf die Schulter – natürlich versteht er mich, was für eine Frage!
Erleichtert und vom aggressiven Vorurteil befreit, mache ich mich mit meinem Schlüssel-Schatz auf zum Salon.
Als ich ein paar Tage später mit meinem neuen Polnischbuch vom Sprachkurs komme, nickt Pan Edmund mir schon aus dem Fenster anerkennend zu. In der Eingangshalle kommt er mir entgegen, klatscht einmal in die Hände und ruft ein begeistertes „Uiuiuiui!“ aus.
Ich bin ein bisschen rot geworden, habe mich gefreut, dass er sich gefreut und mich nicht gegessen hat. Er war aber kurz davor, ich habe seine Aggressivität in seinen freundlichen Augen blitzen sehen!

ganz schön aggressiv

Dicke Grüße an die Hühner!

Der wirklich Nette.
Gut, zu Pan Jozef kann ich wirklich nicht viel Überraschendes erzählen. Er ist wirklich nett. Wie die anderen halt, gut – eventuell noch einen Tick hilfsbereiter.
Seine Ähnlichkeit zu den Zwergen, die man überall in der ganzen Stadt suchen und finden kann, ist ziemlich markant. Wäre er aus Bronze, könnte er sich einfach in irgendeine Ecke in Wroclaw stellen, keiner würde ihn für lebendig halten und er würde kaum auffallen.

"krasnale", nachts mit schlechtem Blitz

zwergig.

Ach, die Zwerge. Zum Abschluss könnt ihr tatsächlich noch was lernen bei mir. Nun. In ganz Worclaw sind kleine bronzene Zwerge verteilt, keine Ahnung, wie viele – es werden auch immer mehr, langsam so um die 100?
Diese Zwerge sind ein Symbol der „Orangenen Alternative“, einer politischen Protestbewegung gegen das kommunistische Regime in Polen. Es gab wohl viele Demonstrationen in Zwergenkostümen und so.
Wieder weniger informativ, aber durchaus erwähnenswert: Ich war in der Kneipe, in der sich die Studenten zu der Bewegung damals in den 80ern getroffen haben – wirklich sehr gemütlich. Sie ist zweigeteilt, auf der einen Seite gibt’s den ganzen Alkoholkram und man darf rauchen und auf der anderen Seite schlürfen die Nichtraucher ihren Mate-Tee. Quatschi, man kann sein Bier auch im gesunden Teil trinken und seine heiße Schokolade (besonders gut mit Zimtsirup und Chili!) im verrauchten Kneipenpart genießen.

Sowieso, alles sehr gemütlich hier. Wahrscheinlich ist demnächst ein Kapitel nur über Kneipen, Bars und Cafés dran. Wobei ich das Gefühl habe, nur einen unscheinbaren Bruchteil davon gesehen zu haben. Aber das Jahr ist ja noch nicht vorbei, juhu!

Bunt mit Brücken

24 Sept

Für den Titel entschuldige ich mich direkt mal. Irgendwas muss man ja schreiben. Das erste, was mir zu „Wroclaw“, der Stadt an sich, einfiel, waren die vielen kleinen Brücken und die bunten Häuser am Rynek.

schön bunt.


Es gibt so viel, was ich euch hier gerne zeigen würde!
Stundenlange Stadtspaziergänge oder von der einen Endstation zur anderen mit der tramweij fahren, ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwann für mich langweilig wird.
Gestern, an einem warmen, sonnigen Sonntagnachmittag, bin ich in den Park um die Ecke gegangen. „Ducks‘ Park“ nennen Olga und ich ihn, er wimmelt von Enten, die fröhlich auf dem kleinen Weiher plätschern.
Mit Musik auf den Ohren sitze ich also auf einer Parkbank, in der prallen Sonne. Ich war schon kurz davor, ein schlechtes Gewissen zu bekommen, weil ich mich unvorsichtigerweise weder mit LSF 50, noch mit sonst irgendeiner Sonnencreme eingschmiert hatte – und dass, obwohl ich doch zuhause noch versprochen hatte, auf mich aufzupassen.
So sitze ich da und lasse mich verbrutzeln, es könnten die letzten Sonnenstrahlen vor einem ewigen polnischen Winter sein – man macht sich ja irgendwie doch eine Vorstellung.
Die Songs sind im Shuffle-Modus, ich weiß vorher nicht, was kommt.
Ein schon ziemlich altes Ehepaar (Alter ist natürlich relativ, besonders aus meiner zarten Perpektive) fragt mich, ob es sich neben mich setzen kann. Das heißt, sie spricht – er brabbelt nur.
Ich nicke und lächle.
Irgendwann fragt er mich, wie viel Uhr es ist. Ich fange an zu schwitzen und spüre, dass das ganz sicher nicht von der Sonne kommt. Uhrzeiten, kurwa!
Unbeholfen stammel ich irgendwelche Ordnungzahlen, die möglicherweise auf „Viertel nach Vier“ hindeuten könnten. Ein wenig enttäuscht winkt er ab, nie nie. Fünf Minuten später fragt er nochmal. Ist er vielleicht dement oder steckt er tatsächlich irgendeine Hoffnung darein, dass ich die Antwort dann hingeprutschelt kriege?
Sie füttert in der Zeit die Enten.
Als sie wiederkommt, erklärt sie mir, dass ihr Bruder (nicht ihr Mann) dement ist und außerdem noch Rheuma hat und dass sie sich um ihn kümmert – muss sie ja, als Schwester, ein Heim käme niemals infrage.
Ach, du bist aus Deutschland! Das ist ja was! Du hast so ein typisch polnisches Gesicht – und gar keinen deutschen Akzent.
Ich will nicht angeben, oder so.
Mmmh, ok. Ein bisschen schon.
Wir haben uns mehr als eine Stunde unterhalten, auf Polnisch mit Händen und Füßen. Ich habe mich wacker geschlagen. Erklärt, wie es sein kann, dass ich kein Sport mache. Von meiner Arbeit im ESH erzählt. Auskunft über meine Familie gegeben. Mich über die Ungerechtigkeit der polnischen Löhne ausgelassen. Mich zu Komplimenten an einem Nachbarshund hinreißen lassen.
Als ich diese Parkidylle verlasse, regnet es Handküsse. Der Bruder, der Nachbar, der Nachbarshund.
Handküsse sind hier echt noch trendy, nicht nur bei der Oma/Opa-Generation.
bardzo piekny

Das war so mit das krasseste polnische Gespräch, was ich bisher hinbekommen habe.
Abgesehen von den Zeugen Jehovas, die ich heute getroffen habe. Tatsächlich, die gibt’s auch hier.
Aber das Gespräch war schnell vorbei, als ich auf „Wir sind vielleicht sehr unterschiedlich, aber wir sind doch einer Meinung, dass es viel Leid und Probleme auf der Welt gibt?“ mit „Ja, sicher – aber mir geht es gerade bardzo dobrze, do widzenia! antwortete. Dann bekam ich eine deutsche Übersetzung vom polnischen Wachtturm unter die Nase gehalten, aber das war mir dann echt zu billig.
Irgendwie will ich ja auch gefordert werden.

Polnische Partypeople und der Ernst des Lebens

17 Sept

Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber hier ist es Halbacht, kurz vor stockdüster und wunderschön.
Meine erste Woche im Edith-Stein-Haus ist rum. Immer noch bin ich abends total erschlagen von den ganzen neuen Eindrücken, die mein von Routine verwöhntes Gehirn plötzlich verarbeiten muss. Es ist ein gutes Gefühl, wirklich.

Gerade fällt mir auf, wie schwierig es ist, meine Gedankenpratsche so zu schrumpfen, dass sie für euch verständlich ist und nicht nur „Ohaaa, der alte Mann in der Straßenbahn war richtig korrekt!“ und „Dieses Pärchen am pręgierz hat sich ununterbrochen fotografiert und ich bin da bestimmt auf der Hälfte der Fotos in mein Tagebuch kritzelnd verewigt…“ oder „Die Bäckereifrau greift schon automatisch zum dunkelsten Brot, das im Regal liegt, ist das nicht überkrass?“

Vielleicht fange ich mit meinem ersten wroclawischen Wochenende an. Den Sonntag lasse ich aus, den können wir getrost streichen. Da hatte ich nur Kopfschmerzen und sonst gar nichts, nicht mal Hunger. Ich will nicht jammern, aber an polnische Partys muss man sich langsam, Schluck für Schluck gewöhnen.

Freitag habe ich es tatsächlich gewagt, ins Theater zu gehen. Polnisches Theater! Also gut, ich übertreibe. „Medea na Manhattanie“ ist ein Stück von Dea Loher, die neben Polnisch auch Deutsch und Spanisch spricht. Deswegen fand die Regisseurin es überaus gewitzt, das Stück dreisprachig aufzuführen. So konnte ich zumindest die Medea verstehen. Für den gesamten Plot hat mir das aber nichts gebracht.
Später habe ich herausgefunden, dass auch die polnischen Zuschauer mit dicken Fragezeichen auf der Stirn im Publikum saßen.
Aber! Wir hatten sogar einen kleinen Job! Was zu tun! Endlich!
Das ganze Stück war im Rahmen einer Hochzeit aufgezogen. Irgendjemand hatte sich in liebevoller Kleinstarbeit die Mühe gemacht und kleine weiße Röschen aus Krepppapier für die Frauen und kleine weiße Schleifchen für Männer an kleine metallene Nädelchen zu befestigen. Olga und ich hatten nun die glorreiche Aufgabe, diese Blumen (Olga) und die Schleifen (Ich, oczywiście) den verwirrten Leuten anzupinnen.
Ohne erklären zu können, warum ich jetzt diese Nadeln in die hübschen Jacketts der teilweise empörten Männer rammen wollte, pinnte ich in charmanter Dreistigkeit wild in der Gegend herum bis alle versorgt waren.
Das Stück begann. Ich verstand nichts. Aber der Sohn der Direktorin des Edith-Stein-Hauses hatmitgespielt, das war schon ziemlich süß, muss ich sagen. 16 Jahre, vielleicht so grade aus dem Stimmbruch raus, in einem flatternden lila Kleidchen.
In brausendem Applaus stürmten Olga und ich auf die Bühne, alle Hände voll mit Blumen für die Schauspieler – noch ein Job, den wir glänzend meisterten.
Danach sind wir mit den Schauspielern, der Familie der Direktorin des ESHs und der Regisseurin noch was trinken gegangen. Wein und Käse, ein stilvoller Abschluss für einen wahrscheinlich sehr stilvollen Abend – ich hab ja nicht so besonders viel verstanden.
Aber! Wir haben Leute kennengelernt! Die Töchter der Direktorin, 20 und 19 Jahre alt! Sind richtig nett!

Und damit wären wir dann bei Samstagabend.
Nachdem die beiden nach einer kleinen polnischen Verspätung auf der Insel wie-auch-immer-sie-heißt auftauchten, kauften wir erst mal ein bisschen Bier. Und ohjeeeminee – bloß nicht zeigen, was da Alkoholisches gekauft wurde und um Himmels Willen nicht in der Öffentlichkeit trinken! Der einzige Ort in Wroclaw, an dem das möglich ist, ist diese Insel. Vielleicht nenn ich sie einfach die Trink-Insel. Mitten in der Oder, mit Blick auf die alte hübsche Universität.

Die alte hübsche Uni Wroclaws

Blick auf die Uni von der Trink-Insel her


Hier treffen sich Studenten. Olga hatte zuerst Angst, dass das der Alkoholikertreff sei. Gewisse Parallelen zwischen Studenten und Alkoholikern sind ja durchaus festzumachen.
Nun, hier ging es also los.
Bis wir dann den Club gefunden hatten, in dem wir bleiben wollten, mussten wir so einige andere ausprobieren und das Bier da testen. Ich hatte schon erwähnt, dass ich über Sonntag nicht sprechen möchte?
4 Mädchen aus 3 Ländern haben Spaß.

Heute war dann wieder der ernst des Lebens dran. Wobei der Ernst des Lebens hier ziemlich humorvoll ist, doch. Mein Deutschschüler Emanuel ist unfassbar geduldig mit meinem Polnischgekleckse, sehr interessiert und ich frage mich, woher er die Motivation nimmt, so eine nervige Sprache wie Deutsch zu lernen.
Wahrscheinlich will er, wie so viele Jugendliche, raus aus Polen. In den richtigen Westen, da, wo man Geld verdienen kann, und zwar mehr, als das untere Limit zum Leben.
Er ist einer, der zu żółty parasol kommt, der Beschäftigung sucht. żółty parasol engagiert sich für Jugendliche aus der Gegend, keine reiche Gegend, die irgendwie kein Geld für teure oder billige Hobbys haben. Jeden Nachmittag geht hier die Post ab, mal sind Bandproben, Theaterworkshops, Sprachunterricht, Spielenachmittage, Sportangebote, Filmabende – alle können kommen, keine muss was zahlen – unter dem gelben Regenschirm wird keiner nass.

So, mittlerweile habe ich ziemlichen Hunger, mich erwartet frisches phantastisches Brot.
Oh, übrigens esse ich hier nicht ausschließlich Brot. Oder Äpfel. Aber mit diesen Lebensmitteln hatte ich bisher die eingehensten polnischen Erfahrungen. Und mit Leber…eins der unschöneren sprachlichen Missverständnisse. Aber gut jetzt, ich ess jetzt was!

Alltag trudelt ein

12 Sept

In der Tat, der zweite „richtige“ Arbeitstag ist schon vorbei. Ich bin mir noch unschlüssig darüber, ob ich dieses „schon“ so klasse finde. Ich meine, ich hatte jetzt mehrere Monate Schmalspurarbeit und Hardcorechilling – ich will gefordert werden!
Stattdessen sitze ich im Büro, hinter mir die Kaffeemaschine und der Kopierer, aber nicht mal die geben mir etwas zu tun. Okay, ich übertreibe: Man rührt sich hier seinen Kaffee aus Instantpulver zusammen und fertig ist die Brühe, das mit der Kaffeemaschine war also gelogen.

Bevor ich mitleidige Nachrichten bekomme, oder so etwas Überflüssiges: Es ist mein zweiter Arbeitstag, meine Erwartungen können quasi nicht erfüllt werden, weil ich mir keine gemacht habe und ich sehe das Ganze recht locker. Kommt Zeit, kommt Arbeit.
Heute habe ich in ungefähr einer halben Minute Tickets für eine Workshopteilnehmerin gefunden, die sich viel zu teure gesucht hatte, die die Edith-Stein-Gesellschaft nicht bezahlen wollte. Job fullfilled.
Abgesehen davon durfte ich die Anmeldungen des letzten Tandemsprachkurses auswerten und die Vorerfahrungen der Teilnehmer zusammenfassen. Es hat mich eine Stunde gekostet und dann war der Job fullfilled.

Meine Mentorin und „Arbeit“-geberin Monika ist morgen und übermorgen auf einem Seminar, aber sie hat uns den Auftrag gegeben, uns ein Projekt auszudenken. Jeder für sich, damit wir unabhängig von einander sein können. Vor meinem viel zu euphorischen inneren Auge spielt sich da was ganz Großes ab! Theater, Musik und Philosophie mit Jugendlichen oder älteren Leuten aus Deutschland, Polen, der Ukraine. Olga wünscht sich einen fetten Austausch – unter was für einem Thema er stattfindet, ist ihr egal. Mal ehrlich, es ist so viel sinnvoller, das zusammen zu machen, als jeder für sich, oder nicht?
Andernfalls: Uaaah, Überforderung!

Ab nächster Woche, wenn Monika wieder bei uns ist, werde ich versuchen, die Balance zwischen Unter- und Überforderung zu finden. Montag habe ich meinen ersten Deutschschüler – ich habe keine Ahnung, auf was für einem Niveau er ist, wo genau sein Problem ist und wie wir uns verständigen werden. Ich nix richtig Polnisch, er kaum Deutsch, kein Englisch. Das wird ein Fest für meine Gestik! Aber halb so wild. Wenn ich daran denke, dass ich demnächst ganze polnische Schulklassen mit fragenden Gesichtern vor mir sitzen habe, ist ein so ein Junge, der vielleicht in der Schule nicht ganz so gut in Deutsch ist, ein Klacks!

Trudeliger Alltag. Heute morgen war ich das erste Mal Einkaufen mit Sprechen. Das war vorher nicht nötig, ich hab die Sachen aufs Band gelegt und fertig, alles easy.
Aber heute.. ich habe keinen Korb gefunden! Und ich brauchte Sachen fürs Frühstück, konnte also nicht alles festhalten. Eine Alternative zu „Torba“ ist mir nicht eingefallen, ich fragte als die freundliche, vielleicht etwas unausgeschlafene Supermarktslady, wo sich die Taschen (eckige, korbige Handbewegung) befänden. Ihr Autoblick war ziemlich verwirrt, aber dann hatte ich schließlich einen roten Einkaufskorb in der Hand und war glücklich.
Der Besuch der urigen Bäckerei um die Ecke intensivierte mein Glück, halleluja. Es gab so unglaublich viel Auswahl, darauf war ich nicht vorbereitet – mit so einer Fülle von Backwarentraum hatte ich nicht gerechnet. Und – Halleluja again – dunkles Brot mit richtigen, echten Körnern! Mein Bäckereiengel fragte mich was, ich antwortete, sie verstand und dann reagierte sie sogar auf mein „Schneiden, bitte“ (leider weiß ich nicht mehr, was ich exakt gefaselt habe) ohne ausschweifende Gebärden. Ein chleb rustikalny lag schlussendlich in meinen Händen. Wie ein Baby schaukelte ich es nach Hause.
Noch beeindruckender muss ich beim sklep für owoce und warzywa gewesen sein. Voller Stolz und vermutlich voller Fehler fragte ich nach den besseren Äpfeln. Aber was sind schon ein paar Grammatikpatzer gegen herrlich saftige Äpfel? Wer schweigt, kauft Mehliges, davon bin ich überzeugt.

So trudeln wir dahin, der Alltag und ich. Es geht uns gut, wir werden uns noch dick anfreunden hier im wundervollen Wroclaw. Naturalnie!

Aktion, Reaktion und viele gute Wünsche

24 Aug

Langsam fällt es mir schwer, nicht in vollkommen kitschiger Euphorie zu versinken, wenn ich von meinem nächsten Jahr erzähle.Und ich werde wirklich oft danach gefragt. Seit wir alle nicht mehr zur Schule gehen und uns gezwungenermaßen jeden Tag sehen, mangelt es irgendwie auch an Informationsfluss. Wer macht was? Und so Sachen.

„Ich mach erst mal Praktika…“

„Erst mal Work&Travel und dann mal sehen…“

„Jura. Jura in Bonn, ganz klar.“

„Wahrscheinlich Medizin, aber der NC…naja, ich denk schon, dass das klappt.“

„Joa, FSJ, damit ich Wartesemster sammle..“

Und dann bin da noch ich mit meinem nicht unbedingt nachvollziehbaren Vorhaben, einen Friedensdienst in Polen zu machen. In einem Projekt, von dem ich nicht mal genau weiß, was mich da erwartet. Wenn ich das erzähle, gibt es ziemlich unterschiedliche Reaktionen.

  • Ich werde angeguckt, als hätte ich eine seltene, aber furchtbar komplizierte Krankheit. Da schwingt ein bisschen Mitleid im Blick mit, obwohl sich viel Mühe gegeben wird, das zu verbergen. „Was willst du denn in Polen, bitteschön? Also das wäre ja gar nichts für mich. Wie kommt man denn auf so eine außergewöhnliche Idee?“ Außergewöhnlich können wir hier getrost mit „bescheuert“ übersetzen, das verändert den Inhalt nur magial.
  • Mir begegnet ein verdutzter, überraschter Blick, der von echter Neugier zeugt. „Aha? Polen? Ach, das ist doch mal was Anderes. Mensch, Anna – das finde ich eine richtig gute Idee! Stark, wirklich! Du ziehst dein Ding echt durch, Respekt!“ Dazu kommt ein herzliches, kumpelhaftes Auf-die-Schulter-Klopfen und ein anerkennendes Lippenkräuseln.
  • Ich blicke in Augen, die in Großmutter-Manier zu mir sprechen. „Wahrscheinlich weißt du ja schon, auf was du dich da einlässt… Aber die Sprache, das sind ja beinah Hieroglyphen, hast du nicht Angst vor der Sprachbarriere? Und wo wohnst du denn da überhaupt, musst du dich darum noch kümmern?“An dieser Stelle ist es wohl angebracht, den Irrtum aus der Welt zu schaffen, Polen schreiben Kyrillisch. Tun sie nicht. Von zukünftigen Freiwilligen, die nach Russland oder in die Ukraine gehen, habe ich mir aber auch sagen lassen: Ist alles halb so wild mit Kyrillisch. Und die andere offene Frage: ASF kümmert sich rührend um seine Freiwilligen, so muss sich niemand seine Unterkunft auf eigene Faust suchen. Ich werde sogar direkt im Edith-Stein-Haus wohnen, ist das nicht luxuriös?
  • Tatsächlich kommt mir hin und wieder auch ein neidischer Blick unter. „Wow, echt – ich hätte so was auch gerne gemacht, das wäre voll mein Ding gewesen. Glückwunsch! Du scheinst ja voll den Plan zu haben, so mit Perpektive und so!“
  • Klar, der abfällige und spöttische Blick bleibt mir auch nicht erspart. „Haha, Polen-Opfer. Wollten’se dich für die USA nicht? Aber gut, lernste halt, wie man richtig Autos klaut – kann auch nicht schaden.“ Hinzu kommt ein Kann-man-nix-machen-Schulternzucken.

Worin sich die Reaktionen aber alle ähneln, das sind die warmen abschließenden Worte.

…wie auch immer, ich wünsche dir alles Gute! Hoffentlich ist es nicht allzu schwierig für dich am Anfang. Aber ich glaub, du machst das einfach. Mach deine Erfahrungen, das ist so wertvolle Zeit jetzt. Viel Spaß und so, lass dich nicht klauen.

Hier trudelt in letzter Zeit immer mehr Post für mich ein. Gute Wünsche von Großtanten und besten Freundinnnen von Mama, kleine Päckchen mit Büchern mit polnischer Thematik, Kärtchen und Briefe. Und ich weiß kaum, was ich sagen soll, weil ich schon so ziemlich gerührt bin, über diese Leute, die mich so unterstützen oder einfach so an mich denken. Dziękuję bardzo.