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Bunt mit Brücken

24 Sept

Für den Titel entschuldige ich mich direkt mal. Irgendwas muss man ja schreiben. Das erste, was mir zu „Wroclaw“, der Stadt an sich, einfiel, waren die vielen kleinen Brücken und die bunten Häuser am Rynek.

schön bunt.


Es gibt so viel, was ich euch hier gerne zeigen würde!
Stundenlange Stadtspaziergänge oder von der einen Endstation zur anderen mit der tramweij fahren, ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwann für mich langweilig wird.
Gestern, an einem warmen, sonnigen Sonntagnachmittag, bin ich in den Park um die Ecke gegangen. „Ducks‘ Park“ nennen Olga und ich ihn, er wimmelt von Enten, die fröhlich auf dem kleinen Weiher plätschern.
Mit Musik auf den Ohren sitze ich also auf einer Parkbank, in der prallen Sonne. Ich war schon kurz davor, ein schlechtes Gewissen zu bekommen, weil ich mich unvorsichtigerweise weder mit LSF 50, noch mit sonst irgendeiner Sonnencreme eingschmiert hatte – und dass, obwohl ich doch zuhause noch versprochen hatte, auf mich aufzupassen.
So sitze ich da und lasse mich verbrutzeln, es könnten die letzten Sonnenstrahlen vor einem ewigen polnischen Winter sein – man macht sich ja irgendwie doch eine Vorstellung.
Die Songs sind im Shuffle-Modus, ich weiß vorher nicht, was kommt.
Ein schon ziemlich altes Ehepaar (Alter ist natürlich relativ, besonders aus meiner zarten Perpektive) fragt mich, ob es sich neben mich setzen kann. Das heißt, sie spricht – er brabbelt nur.
Ich nicke und lächle.
Irgendwann fragt er mich, wie viel Uhr es ist. Ich fange an zu schwitzen und spüre, dass das ganz sicher nicht von der Sonne kommt. Uhrzeiten, kurwa!
Unbeholfen stammel ich irgendwelche Ordnungzahlen, die möglicherweise auf „Viertel nach Vier“ hindeuten könnten. Ein wenig enttäuscht winkt er ab, nie nie. Fünf Minuten später fragt er nochmal. Ist er vielleicht dement oder steckt er tatsächlich irgendeine Hoffnung darein, dass ich die Antwort dann hingeprutschelt kriege?
Sie füttert in der Zeit die Enten.
Als sie wiederkommt, erklärt sie mir, dass ihr Bruder (nicht ihr Mann) dement ist und außerdem noch Rheuma hat und dass sie sich um ihn kümmert – muss sie ja, als Schwester, ein Heim käme niemals infrage.
Ach, du bist aus Deutschland! Das ist ja was! Du hast so ein typisch polnisches Gesicht – und gar keinen deutschen Akzent.
Ich will nicht angeben, oder so.
Mmmh, ok. Ein bisschen schon.
Wir haben uns mehr als eine Stunde unterhalten, auf Polnisch mit Händen und Füßen. Ich habe mich wacker geschlagen. Erklärt, wie es sein kann, dass ich kein Sport mache. Von meiner Arbeit im ESH erzählt. Auskunft über meine Familie gegeben. Mich über die Ungerechtigkeit der polnischen Löhne ausgelassen. Mich zu Komplimenten an einem Nachbarshund hinreißen lassen.
Als ich diese Parkidylle verlasse, regnet es Handküsse. Der Bruder, der Nachbar, der Nachbarshund.
Handküsse sind hier echt noch trendy, nicht nur bei der Oma/Opa-Generation.
bardzo piekny

Das war so mit das krasseste polnische Gespräch, was ich bisher hinbekommen habe.
Abgesehen von den Zeugen Jehovas, die ich heute getroffen habe. Tatsächlich, die gibt’s auch hier.
Aber das Gespräch war schnell vorbei, als ich auf „Wir sind vielleicht sehr unterschiedlich, aber wir sind doch einer Meinung, dass es viel Leid und Probleme auf der Welt gibt?“ mit „Ja, sicher – aber mir geht es gerade bardzo dobrze, do widzenia! antwortete. Dann bekam ich eine deutsche Übersetzung vom polnischen Wachtturm unter die Nase gehalten, aber das war mir dann echt zu billig.
Irgendwie will ich ja auch gefordert werden.