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Eiskratzen

21 Jan

Wann zieht er endlich wieder ab, dieser frostige Winter, der eiskalt nie zu enden scheint? Eigentlich habe ich mit ihm seit Ende September gerechnet, er kam nicht und jetzt will er scheinbar nicht verschwinden. Wie sich Glück in Form von prickelnden Sonnenstrahlen auf Sommergesichtern anfühlt, kann ich im Moment nur mit enormer Vorstellungskraft nachempfinden. Falls mich jetzt also jemand fragen sollte, was ich hier vermisse, ist die Antwort eiswürfelklar: Sonne.
Aber ich bin ganz zuversichtlich, das wird schon wieder.

Wäre ja schön blöd, wenn ich meine neuen Winterschuhe gar nicht voll auskosten könnte.
Ha, das war ein Geniestreich von Schuhladen, der mich noch mehr polonisierte. Ist euch schon mal aufgefallen, was für einen Bodenbelag Schuhgeschäfte haben? Die ehrlichen, realitätsnahen sind jedenfalls nicht mit Teppich ausgelegt! Zielsicher wählte ich natürlich die trügerische Teppichvariante und griff zu einem paar Ledertretern, fast flach, ohne nennenswerten Absatz. Kaum betrat ich polnisches Wackelpflaster, klackerte ich drauf los. Stolziere ich jetzt also durch die Gegend, schaut man sich nach einer behighheelten Dame um und entdeckt dann doch nur mich mit unscheinbaren Klackerschuhen und einer Funktionsjacke, die wiederum deutscher nicht sein könnte.

Eiskalt, das sind wir Deutschen.
Das ist das, was bei unseren ersten Bewerbern für unser eigens kreiertes „Youth in Action“-Projekt der Konsens ist. Vielleicht muss ich das erklären.
Olga und ich basteln gerade an der Bewerbung für die EU-Förderung für unser „New Perspective“-Projekt, das im Juni stattfindet. Wenn alle erdenklichen Daumen gedrückt bleiben, alle fingers crossed und wir die finanzielle Förderung erhalten. Bei diesem einwöchigem Workshop mit Teilnehmern aus Deutschland, Polen und der Ukraine wird es einerseits um Slowmotion-Filme gehen, die wir zusammen mit einem wunderbaren Fotographen als Trainer erstellen. Thematisch dreht sich die Woche um Stereotypen und Vorurteile – ein Königsdisziplinsthema in diesem Hause!
Wir können Stunden mit einer Entdeckungsreise in die Vorbehalte gegenüber der anderen Kultur verbringen. Diesen Spaß und das, was man bei diesem Austausch alles lernen kann, möchten wir gerne mit anderen teilen, festhalten und eine neue Perspektive auf seine eigene Kultur und die der anders eingeschätzten Nationen.
Da wir schon jetzt die polnischen Teilnehmer rekrutieren müssen, kommen hier schon einige Bewerbungen eingetrudelt. Eine Frage betrifft die Vorurteile gegenüber Deutschland und der Ukraine.

Top 5 der genannten Vorurteile (gemischte Tüte mit Ukraine)

1. Deutsche sind kalt und können ihre Emotionen nicht zeigen.
2. Ukrainer trinken sehr sehr sehr viel Alkohol.
3. Ukrainer sind aggressiv.
4. Der Deutsche: Organisiert, diszipliniert und süchtig nach Ordnung.
5. Geil, deutsche Autobahnen, geile Autos!

Hachja, nett. Gerne foppen wir uns jetzt damit. Die Stereotypen sind zwar alle nicht neu, aber sie erweitern unsere gehässigen Kommentare im Alltagsgebrauch. Es muss ja nicht immer nur um Putzfrauen, Prostitution, Nazis und Wurst gehen.
Oh Himmel, das hört sich ja furchtbar fies an! So ist es nicht. Unser Verständnis von Sarkasmus dreht sich auf der gleichen Tanzfläche und unsere bissigen Sticheleien gegen unsere Nationen richten sich nie gegeneinander.
Als Teilnehmerin des trilateralen ASF-Programms komme ich nicht so schnell in Versuchung, Eigenarten von eigensinnigen Individuen mit seiner andersartigen Kultur erklären zu wollen. Komische Leute treffe ich überall. Ebenso wie interessante, spannende, – ach, tolle Leute.

Manchmal gibt es dann aber doch Situationen, in denen ich Olga fragen muss, ob das denn jetzt „Eastern Europe style“ ist. Glücklicherweise hat sie bei folgendem Beispiel energisch den Kopf geschüttelt. „No! Not normal!“.

Es ist Freitagabend, Tanzlust und bürointensive Woche treiben uns ins pulsierende Nachtleben Wroclaws. In der Kneipe, die uns diesen Abend beherbergen soll, sitzen wir an einem Tisch, der eigentlich reserviert ist für irgendeine internationale Gruppe. Aus dieser Gruppe kennen sich auch nicht alle und so wird angenommen, die beiden netten Mädels auf der Couch da gehören dazu. Dankbar nehmen wir spendierte Getränke entgegen, ein netter Abend.
Dass ein polnischer Typ weder an meinem englischen noch an meinem polnischen Akzent erkennen kann, woher ich komme, macht mich seltsam stolz. Auf keinen Fall käme ich aus dem Westen – Franzosen und Deutsche und so, die haben so prägnante Aussprachen – Anna nicht, auf keinen Fall. Optisch auch nicht, nee. Einer der baltischen Länder, das wird es sein. Oder Skandinavien, aber dafür ist mein Polnisch wieder zu makellos. Ha!
Wir tauschen Nummern aus, die Gruppe scheint ganz cool zu sein, offen für Neuzugang und engagierte Tequila-Abnehmer.
Ach. Zum Nummernaustauschen. Das geht hier auch deutlich entspannter. In Deutschland habe ich das Gefühl, jemanden nach seiner Nummer zu fragen kommt zu drei Vierteln einer hochoffiziellen Liebeserklärung gleich. Wenigstens überragendes Interesse an der Person. Und hier? Man versteht sich gut, vielleicht sieht man sich nächstes Wochenende, geht zusammen feiern, mal sehen. Mal sehen.
Bei diesem Monsieur endet „Mal sehen“ eines Sonntagabends in Bier und Salat. Das es tatsächlich darin endet, war klar, nachdem er klar war, was ich essen und trinken würde. Klar, er zahlt. Berechtigt ihn das, für mich zu entscheiden? Anscheinend. Erschrocken stelle ich fest, wie einfach es ist. In Studienwahltests komme ich bei den Schlüsselkompetenzen auf grandiose 8% Entscheidungsfreudigkeit. Ist ganz schön entspannt, sich keine Gedanken machen zu müssen. Aber sich so bevormunden zu lassen ist ja schon fast peinlich. Da ich bei einigen Pärchen hier tatsächlich traditionellere Rollenbilder wahrnehme, frage ich Olga lieber, ob meine begrenzte Entscheidungsfreiheit „typisch slawisch“ ist. Nach ihrer Antwort, versüßt mit irritiertem Stirnrunzeln, bin ich erleichtert.

Seminarzeit! Mal wieder Piekary, für die meisten sehr wichtig: Free food!
Abgesehen davon ist es immer nett, die altbekannten liebgewonnenen Gesichter wiederzusehen und zu merken, wie die Gruppe zusammenwächst. Die Abende und Nächte waren wieder überragend, Zitat Ende.
Mein übervoller Bauch (Kartoffel-Gemüse-Auflauf mit irre viel śmietana) hätte gerne eine Verdau-Pause im Liegen. Ich tue ihm den Gefallen und lasse Fotos sprechen.

Gitarrenspaß

Gitarrenspaß

Sitzen und So

Sitzen und So

Kneipenkrakau

Kneipenkrakau

Spontane Weinprobe und Andy-Warhol-Ausstellung in Krakau

Spontane Weinprobe und Andy-Warhol-Ausstellung in Krakau

Ouh, I almost forgot. I some kind of promised to Olga that this time I write something in English. She is so frustrated due to the fact that not all of my words are „Gesundheit“, „Hitler kaputt“ and „Schneller, schneller“ or kitchen vocabularies for perfect German housewives (like me, for sure). These are the words and topics her knowledge of German is limited to.
Well, my dear. Here we are, me and my bad English! So probably you wanna know what I was writing about. Ach, I already told you. All about winter, shoes, our favourite stereotypes and that we like to be mean in the sarcastic way that we uwielbiamy. Coś tam, coś tam. Buziaki, moja kochana.