Aktion, Reaktion und viele gute Wünsche

24 Aug

Langsam fällt es mir schwer, nicht in vollkommen kitschiger Euphorie zu versinken, wenn ich von meinem nächsten Jahr erzähle.Und ich werde wirklich oft danach gefragt. Seit wir alle nicht mehr zur Schule gehen und uns gezwungenermaßen jeden Tag sehen, mangelt es irgendwie auch an Informationsfluss. Wer macht was? Und so Sachen.

„Ich mach erst mal Praktika…“

„Erst mal Work&Travel und dann mal sehen…“

„Jura. Jura in Bonn, ganz klar.“

„Wahrscheinlich Medizin, aber der NC…naja, ich denk schon, dass das klappt.“

„Joa, FSJ, damit ich Wartesemster sammle..“

Und dann bin da noch ich mit meinem nicht unbedingt nachvollziehbaren Vorhaben, einen Friedensdienst in Polen zu machen. In einem Projekt, von dem ich nicht mal genau weiß, was mich da erwartet. Wenn ich das erzähle, gibt es ziemlich unterschiedliche Reaktionen.

  • Ich werde angeguckt, als hätte ich eine seltene, aber furchtbar komplizierte Krankheit. Da schwingt ein bisschen Mitleid im Blick mit, obwohl sich viel Mühe gegeben wird, das zu verbergen. „Was willst du denn in Polen, bitteschön? Also das wäre ja gar nichts für mich. Wie kommt man denn auf so eine außergewöhnliche Idee?“ Außergewöhnlich können wir hier getrost mit „bescheuert“ übersetzen, das verändert den Inhalt nur magial.
  • Mir begegnet ein verdutzter, überraschter Blick, der von echter Neugier zeugt. „Aha? Polen? Ach, das ist doch mal was Anderes. Mensch, Anna – das finde ich eine richtig gute Idee! Stark, wirklich! Du ziehst dein Ding echt durch, Respekt!“ Dazu kommt ein herzliches, kumpelhaftes Auf-die-Schulter-Klopfen und ein anerkennendes Lippenkräuseln.
  • Ich blicke in Augen, die in Großmutter-Manier zu mir sprechen. „Wahrscheinlich weißt du ja schon, auf was du dich da einlässt… Aber die Sprache, das sind ja beinah Hieroglyphen, hast du nicht Angst vor der Sprachbarriere? Und wo wohnst du denn da überhaupt, musst du dich darum noch kümmern?“An dieser Stelle ist es wohl angebracht, den Irrtum aus der Welt zu schaffen, Polen schreiben Kyrillisch. Tun sie nicht. Von zukünftigen Freiwilligen, die nach Russland oder in die Ukraine gehen, habe ich mir aber auch sagen lassen: Ist alles halb so wild mit Kyrillisch. Und die andere offene Frage: ASF kümmert sich rührend um seine Freiwilligen, so muss sich niemand seine Unterkunft auf eigene Faust suchen. Ich werde sogar direkt im Edith-Stein-Haus wohnen, ist das nicht luxuriös?
  • Tatsächlich kommt mir hin und wieder auch ein neidischer Blick unter. „Wow, echt – ich hätte so was auch gerne gemacht, das wäre voll mein Ding gewesen. Glückwunsch! Du scheinst ja voll den Plan zu haben, so mit Perpektive und so!“
  • Klar, der abfällige und spöttische Blick bleibt mir auch nicht erspart. „Haha, Polen-Opfer. Wollten’se dich für die USA nicht? Aber gut, lernste halt, wie man richtig Autos klaut – kann auch nicht schaden.“ Hinzu kommt ein Kann-man-nix-machen-Schulternzucken.

Worin sich die Reaktionen aber alle ähneln, das sind die warmen abschließenden Worte.

…wie auch immer, ich wünsche dir alles Gute! Hoffentlich ist es nicht allzu schwierig für dich am Anfang. Aber ich glaub, du machst das einfach. Mach deine Erfahrungen, das ist so wertvolle Zeit jetzt. Viel Spaß und so, lass dich nicht klauen.

Hier trudelt in letzter Zeit immer mehr Post für mich ein. Gute Wünsche von Großtanten und besten Freundinnnen von Mama, kleine Päckchen mit Büchern mit polnischer Thematik, Kärtchen und Briefe. Und ich weiß kaum, was ich sagen soll, weil ich schon so ziemlich gerührt bin, über diese Leute, die mich so unterstützen oder einfach so an mich denken. Dziękuję bardzo.

Eine Antwort to “Aktion, Reaktion und viele gute Wünsche”

  1. TobiasJ 25. August 2012 um 11:03 #

    Was soll man da noch kommentieren? Ich freue mich, dass es so mutige und offene junge Menschen gibt, wie du es bist und wünsche dir gute Begegnungen, tolle Erfahrungen und eine schöne Zeit!!

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